Fest der Apostelfürsten Petrus und Paulus

Loreto 1984, Loreto 29.6. 1994

Viel wäre über diese beiden Apostel zu sagen: über ihre Persönlichkeit, über ihre Berufung, über ihre Bedeutung. Ich möchte heute nur einmal auf das Temperament des Petrus hinweisen, weil das lehrreich sein könnte:

Die Psychologie unterscheidet bekanntlich 4 Temperamente: Sanguiniker, Choleriker, Melancholiker und Phlegmatiker, der zwar große Belastungen erträgt, aber nur schwer beweglich ist.

Nein, Petrus war Fischer, ein Leichterregbarer, ein Impulsiver, ein Schnellbegeisterter, eben ein Sanguiniker.

Kein Apostel reagierte so schnell wie Petrus, er überlegte nicht lange, weder beim Reden noch beim Handeln. Alles geschah bei ihm „alsobald“; das ist interessanterweise im Markus-Ev, das letztlich auf die Predigten des hl. Petrus zurückgeht, ein Wort, das in diesem Ev 41mal vorkommt, eigentlich immer im Zusammenhang mit Petrus.

Der Meister sagte zu ihm: „Folge mir nach!“ – Und alsobald ließ Petrus sein Netz und folgte Jesus (vgl. Mt 4,19-20).

Petrus sah den reichen Fischfang – und alsobald rief er hellauf begeistert aus: „Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ (Lk 5,9)

Auf dem Berg Tabor erlebte Petrus das Gipfelerlebnis der Verklärung des Meisters. Und alsogleich rief er aus: „Herr, hier ist gut sein, hier wollen wir drei Hütten bauen!“ (Mk 9,5)

Im Garten Getsemani sieht Petrus den Meister in Gefahr, gefangen zu werden. Und alsobald zückt er das Schwert und schlägt dem Malchus ein Ohr ab (Mt 26,51)

Am Ostermorgen melden die frommen Frauen: „Das Grab Jesu ist leer“ – Und alsobald läuft er mit Johannes hinaus (Joh 20,1 -10)

Aber ebenso rasch wie seine Gefühle aufwallten, ebenso rasch ebbten sie wieder zurück. Der See Genezareth, an dem Petrus aufgewachsen war, ist das getreue Spiegelbild der Seele des Petrus. Es ist ja bekannt, wie rasch die Witterung auf dem vulkanischen See Genezareth umschlägt. Gerade so ist es bei Petrus gewesen. Das Barometer seiner Gefühle, das eben noch auf „sonnig“ stand, stand im nächsten Augenblick auf „stürmisch“.

Die Szene beim Wandeln des Herrn über den sturmgepeitschten See Genezareth ist da so vielsagend: Petrus sah den Herrn auf dem See wandeln – und alsobald wollte er hinaus zu ihm: „Herr, wenn du es bist, so lass mich zu dir kommen“ – und schon stieg er aus dem Boot, dem Herrn entgegen. Doch im nächsten Augenblick rief der gleiche Petrus verzagt und voll Angst: „Herr, rette mich!“ (Mt 14-28-30)

Beim Letzten Abendmahl schickte sich der göttliche Meister an, den Aposteln die Füße zu waschen, bei Petrus wollte er beginnen. Sogleich aber setzte sich Petrus zur Wehr: „In alle Ewigkeit wirst du mir die Füße nicht waschen!“ Kaum hörte er aber die Antwort Jesu, dass er dann keinen Anteil an ihm haben könne, da fiel Petrus auch schon in das andere Extrem: „Herr, dann wasche mir nicht nur die Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!“ (Joh 13,9)

Petrus versichert dann dem Heiland: „Wenn alle an dir irre werden, ich werde mich nie beirren lassen“ (Mt 26,33). Doch schon nach kürzester Zeit verleugnete er den Meister dreimal: „Ich kenne diesen Menschen gar nicht!“ (Mt 26,74).

Warum erzähle ich das alles? Weil es so tröstlich ist! Kein Apostel steht uns menschlich so nahe wie Petrus. Er ist ganz Mensch wie wir, mit dem gleichen Drang zum Guten, mit dem gleichen Drang zum Bösen... Er war wahrlich nicht von Anfang an der fertige Heilige.

Er war anfangs wahrlich kein fertiger Charakter, kein unerschütterlicher Fels, sondern eine Seele so recht wie ein Schilfrohr, den Stimmungen anheimgegeben, vom Sturm bald dahin, bald dorthin geworfen.

Und doch ist aus dem schwankenden Schilfrohr der unerschütterliche Felsencharakter des Petrus geworden, dem der Herr schon bei der ersten Begegnung mit ihm den Beinamen Kephas-Fels gegeben hat.

Diese Umwandlung des Petrus war das Werk des hl. Geistes am Pfingsttag.

Wie ganz anders steht doch Petrus nach der Herabkunft des hl. Geistes da als in jener unglückseligen Gründonnerstagnacht der Verleugnung des Meisters!

Fruchtlos verteidigte Petrus fortan den Meister vor den Pharisäern und Schriftgelehrten. Furchtlos trat er auf und sagte es den Gegnern, die ihm ein Schweigegebot auferlegen wollten: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“

Was Petrus vor dem Leiden und Sterben des göttlichen Meisters nicht begriffen und verstanden hat – dass das Leiden des Herrn zu unserer Erlösung notwendig ist-, das begriff er nach Pfingsten. Er nahm selber willig den Kreuzestod auf sich und starb für seinen Meister Jesus Christus. Petrus, der Wankelmütige, der Sanguiniker „Himmelhoch jauchzend –zu Tode betrübt“ – ist wirklich in der Kraft des Hl. Geistes zum Felsenmann geworden. Und was Petrus zum Herrn zuletzt gesagt hat, als er ihn zur Sühne für die dreimalige Verleugnung dreimal fragte: „Petrus, liebst du mich, liebst du mich mehr als die anderen“, das ist so vielsagend und lehrreich: „Herr, du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich liebe!“

Es klingt, als wollte Petrus sagen: „Herr, du kennst meinen Charakter, du kennst mein Temperament, du kennst meine Begeisterung, aber auch mein Versagen –aber du weißt auch, dass ich dich liebe!

Kommt es nicht bei uns auch darauf an? Sagen wir es dem Herrn immer wieder: „Herr, du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich liebe!“

Sagen wir dem Herrn aber auch das andere Wort des Petrus: „Herr, wohin sollten wir gehen, wenn wir von dir fortgingen. Nur du hast Worte des ewigen Lebens. Und wir haben erkannt und geglaubt, dass du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“